Promotionen sind anspruchsvoll und fordernd, aber manchmal laufen sie nicht wie geplant. Anne war eine Doktorandin, deren Dissertation zweimal abgelehnt wurde.

Dissertation abgelehnt – und es geht weiter!

Heute hat Anne ihre Promotionsabsicht aufgegeben und muss sich damit abfinden, nicht promoviert zu werden. Im Coachingzonen-Podcast erzählt sie ihre Geschichte – von der anfänglichen Begeisterung über die schmerzhafte Ablehnung bis zu den Lektionen, die sie auf diesem schwierigen Weg gelernt hat.

Dissertation ohne Promotion Eine persoenliche Geschichte

Von der Ablehnung zur Erkenntnis: Die Geschichte von Anne

Anne startete ihre Doktorarbeit im Jahr 2016 mit großer Begeisterung. Sie hatte sich sehr auf ihr Thema gefreut und war bereit, viel Zeit und Energie in ihre Forschung zu investieren. Ihr Engagement führte sie zu einer Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin, finanziert durch ein DFG-Projekt.

Wie es bei Forschungsprojekten üblich ist, konnte sie ihre Dissertation nicht während der Beschäftigung im Projekt abschließen. Sie setzte ihre Promotion auf eigene Kosten berufsbegleitend fort. Dabei wurde sie weiterhin von ihrem Promotionsbetreuer betreut und erledigte auch noch Arbeiten zum Abschluss des Projektes.

Der erste Rückschlag

Nach drei Jahren intensiver Forschung und Sammlung von Daten reichte Anne ihre Dissertation ein. Die darauffolgende Ablehnung der Dissertation traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Trotz der intensiven Kommunikation mit ihrem Erstgutachter und des positiven Feedbacks stand plötzlich die Annahme ihrer Arbeit infrage. Zwei Gutachten lehnten die Annahme der Arbeit ab. Anne erlebte den Schock ihres Lebens, der ihren Glauben an die Hochschulpolitik nachhaltig erschüttern sollte.

Anne: „Ich habe dann, also irgendwie neben der Arbeit sehr intensiv an der Dissertation gearbeitet, habe sie dann auch fertiggestellt, war dann auch schon im Austausch mit dem Doktorvater sozusagen. Hab dann die Arbeit eingereicht. Und er kannte die Arbeit ja, wusste, dass inhaltlich alles in Ordnung ist, hat gesagt, ich soll sie einreichen und ich soll schon mal meine Disputation vorbereiten.“

Nach der Ablehnung der Arbeit besprach Anne die ablehnenden Gutachten ausführlich mit ihrem Promotionsbetreuer und wagte einen neuen Versuch der Überarbeitung, den sie mit der Promotionsbetreuung absprach. Während der Überarbeitung ließ sie sich von einem Schreibcoach begleiten. Ihr Umfeld bestärkte sie. und so reichte sie ihre Arbeit ein zweites mal ein.

Doch auch diese Einreichung führte zur Ablehnung.

Jutta: Was hast Du gedacht, wie das passiert ist? War es eher, weil Du es nicht gesehen hast? Oder hat er es sich anders überlegt, oder war es der Einfluss des Zweitgutachters? Dein Betreuer kannte Deine Arbeit doch? 

Anne: „Ich kann jetzt nur spekulieren, weil ich es nicht weiß, aber ich hatte den Eindruck, dass sie etwas aneinandergeraten sind. Das war auch schon in der Betreuungszeit so. Da hatte ich den Eindruck, dass meine Dissertation ein Ärgernis zwischen den beiden war. Und da war ich schon teilweise verwundert, weil ich dachte, das sind die Argumente für die Ablehnung. Ich habe auch mit anderen darüber gesprochen. Die Kritikpunkte bei der ersten Ablehnung waren vorwiegend eher redaktioneller Art. Also es stand nicht drin, dass ich nicht wissenschaftlich arbeiten kann. Ich habe nicht plagiiert.“

Während des zweiten Ablehnungsprozesses bemerkte Anne Unstimmigkeiten und entschloss sich, die Ablehnungen genauer zu prüfen, zumal ihr Promotionsbetreuer einen großen Teil ihrer Dissertation in den Abschlussbericht des Forschungsprojektes übernehmen wollte. Sie kontaktierte zahlreiche Anlaufstellen innerhalb der Uni und griff auch auf externe Netzwerke, z. B. Machtmissbrauch an der Wissenschaft und die Ombudsstelle zurück. Dies führte zu einem Gespräch, das jedoch wenig zur Klärung der Ablehnung beitrug.

Der letzte Versuch und die Entscheidung

Nach einem weiteren erfolglosen Widerspruch und der Unterstützung durch einen Anwalt stand Anne am Ende eines langen und erschöpfenden Weges. Das System, das sie zunächst unterstützt hatte, ließ sie im Stich. Trotz der Möglichkeit weiterer rechtlicher Schritte entschied sie sich, nicht weiterzukämpfen. Ausgelaugt und desillusioniert, war sie an die Grenzen ihrer mentalen, finanziellen und emotionalen Belastbarkeit angekommen. Und sie wollte auch wieder nach vorn blicken.

Was bleibt?

Anne wird nicht promovieren, aber ihre Liebe zu ihrem Thema und zur Forschung bleibt. Sie hat Netzwerke aufgebaut und viel Unterstützung aus ihrem Umfeld erfahren.

Was hat Anne gelernt?

Anne hat einiges gelernt. In der Episode 227 des Coachingzonen-Podcasts (hier auf der Webseite oder Streamingdienst) kannst Du die ganze Geschichte hören.

Was Du tun kannst:

1. Sprich Konflikte rechtzeitig an: Wenn Du Konflikte vor der Abgabe Deiner Arbeit bemerkst, zögere nicht, sie sofort anzusprechen. Eine frühzeitige Klärung kann größere Probleme vermeiden.

2. Wähle Dein Betreuungsteam sorgfältig aus: Wenn Du eine interdisziplinäre Arbeit einreichst, achte darauf, dass in Deinem Betreuungsteam möglichst mehrere Disziplinen vertreten sind, von denen idealerweise zwei Deine Arbeit begutachten.

3. Konflikte zwischen den Gutachtenden dürfen nicht zulasten Deiner Dissertation, Deiner Promotion gehen. Wenn Du merkst, dass Deine beiden Gutachter nicht miteinander auskommen, dann lass es!

4. Ziehe externe Stellen hinzu: Wenn Du das Gefühl hast, dass eine interne Klärung nicht ausreicht, wende Dich an externe Stellen wie eine Ombudsperson, die Gleichstellungsstele oder an eine vertrauenswürdige Person. Sie können Dir helfen, Konflikte professionell zu lösen. Dazu zählt übrigens auch das Promotionscoaching.

5. Sprich mit dem Promotionsausschuss: Scheue Dich nicht, den Promotionsausschuss einzubeziehen. Er kann Dir helfen, formale und administrative Hürden zu überwinden.

6. Sei proaktiv und hartnäckig: Warte nicht darauf, dass sich Probleme von selbst lösen. Sei proaktiv und suche aktiv nach Lösungen, indem Du die richtigen Ansprechpartner kontaktierst.

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Fazit

Was Anne erlebt hat, könnte im Prinzip in jeder Promotion so ablaufen. Kommunikation mit den Betreuenden muss klar und eindeutig gestaltet werden. Auch Promovierende tragen Verantwortung für eine gute Promotionsbetreuung und sollten sich nicht scheuen, diese Verantwortung wahrzunehmen. Gleichzeitig ist es wichtig, die Promotionsordnung zu kennen und den Kontakt zu den Gremien (Promotionsausschuss), des Graduiertenprogramms, den Beratungsstellen der Hochschulen und der Fakultätsverwaltung zu halten. So können viele Missverständnisse vermieden und drohende Konflikte besser erkannt und vielleicht sogar vermieden werden.

Und auch wenn es bei Anne nicht zum ersehnten Doktortitel gereicht hat, kann man aus ihren Erfahrungen viel über den Umgang mit Rückschlägen und die Bedeutung von Integrität und unterstützenden Netzwerken lernen.

Wenn Du in einer ähnlichen Situation bist, solltest Du offen darüber sprechen und vor allem rechtzeitig Hilfe suchen. Jede Geschichte zählt und kann helfen, das System zu verbessern.

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