Bei den meisten Menschen klappt das Promovieren eigentlich recht gut. Die Forschungsideen entwickeln sich und meist kommt die Forschung gut voran. Die Konzepte der Forschung zu verschriftlichen, eigene Gedanken schriftlich zu formulieren, oder die Ergebnisse niederzuschreiben ist dann nicht mehr so einfach.
Findest Du Schreiben auch manchmal schwierig?
Das führt dann dazu, dass das Schreiben immer weiter aufgeschoben wird. Und wie das mit aufgeschobenen Sachen so ist, werden sie immer größer und angst einflößender. Dann setzt sich eine Spirale in Gang, die kaum noch zu stoppen ist.
Aber warum ist das eigentlich so? Dafür gibt es verschiedene Gründe und die meisten sind nicht ungewöhnlich in diesem langen, teilweise iterativen Prozess des Forschens, des Schreibens, des Überarbeitens, des Einarbeitens neuer Erkenntnisse in bereits geschriebene Texte.
In meinen Coachings sind mir ein paar Gründe für das Nicht-Schreiben begegnet. Die möchte ich hier vorstellen und ein paar Ideen zur Lösung formulieren. Letztendlich geht es darum, die eigenen Schreibhindernisse zu kennen, zu benennen und zu bearbeiten.
Der Text muss sofort perfekt sein
Falsch! Schreiben ist ein Prozess. Vor der Promotion haben Promovierende selten die Gelegenheit, diesen Prozess kennenzulernen. Im Studium werden möglicherweise fertige Texte gelesen, aber nicht darüber gesprochen, wie diese Texte entstanden sind.
Allerdings sind fertige Texte immer die Produkte eines langen Überarbeitungsprozesses. Das bedeutet, dass die ersten Entwürfe der Beginn dieses Überarbeitungsprozesses sind. Um einen guten Text zu entwickeln, müssen daher erst einmal Entwürfe da sein, um sie überarbeiten zu können. Meist ergeben sich Verdichtungen und gute Formulierungen erst während des Lesens. Und je öfter ein Text überarbeitet wird, desto größer sind die Chancen, dass es ein richtig guter Text wird.
Mein Tipp: Sprich mit Personen, die schon etwas geschrieben haben, wie zum Beispiel die Promotionsbetreuung oder promovierte Kolleginnen und Kollegen. Frage sie, wie bei ihnen üblicherweise ein Text entsteht. Wenn Du Deine Aufmerksamkeit auf die Schreibprozesse anderer legst, wirst Du schnell feststellen, dass alle zunächst mehrere Entwürfe schreiben und dass ein perfekter Text erst im Laufe der Zeit entsteht.
Wer schreibt, legt sich fest
Richtig, das geschriebene Wort gilt und das macht das Schreiben schwierig. Während es in der Forschungsphase vor dem Schreiben noch möglich ist, Änderungen im Forschungsprozess einzubeziehen, bedeutet Schreiben sich festzulegen. Dazu gehört es, eine Entscheidung zu treffen, nicht nur was wichtig ist, sondern auch was richtig ist. Also ist es mehr oder weniger eine Qual der Wahl, welche Quellen, Methoden, Theorien, Techniken in die Dissertation kommen. Was ist wichtig genug und was kann auch draußen bleiben? Aber – ohne festlegen keine Diss!
Mein Tipp: Betrachte Deine Texte mit etwas Abstand. Versuch einmal so zu tun, als hätte sie jemand anders geschrieben. Vielleicht hilft es Dir, klarer zu sehen, wenn Du nicht zu nah dran bist. Inhaltliche Fragen besprich mit Expert*innen, idealerweise mit der Promotionsbetreuung. Und: Sei mutig! Sammle Argumente für Deine Entscheidungen und entkräfte Gegenargumente. Irgendwer hat immer was zu meckern, das sollte aber nicht die Promotionsbetreuung sein.
Wer schreibt, macht sich angreifbar
Dass jede Dissertation veröffentlicht werden muss, macht das Schreiben nicht leichter. In der Vorstellung vieler Promovierender geistern die Bilder der Koryphäen des Faches herum. Was werden die sagen? Und natürlich ist den Schreibenden auch oft klar, welche Kritik es an ihrem Text geben könnte. Einerseits weiß man selbst am besten, wo etwas zu verbessern ist, andererseits bekommt man im Laufe der Promotion so viel Feedback, dass man auch weiß was andere verbessern würden.
Mein Tipp: Vielleicht hilft es sich klarzumachen, dass es keinen Text auf der Welt gibt, der nicht kritisiert werden kann. Immer finden sich Kritiker und Kritikerinnen, die Einwände haben.
Und eine weitere Überlegung ist, dass Kritik auch der Motor der Wissenschaft ist. Wissenschaft entwickelt sich durch Kritik weiter. Immer dann, wenn jemand anders eine Lücke findet oder Kritik äußert, ist weiterer Diskussions- oder auch Forschungsbedarf gegeben. Vielleicht hilft Dir der Gedanke, dass Kritik auch positiv sein kann und Kritik niemals aufhört.
Wichtig ist allerdings, dass Du diese Kritik nicht in Dein Privatleben mit nimmst. Auch das kann man lernen!
Schreibroutinen entwickeln sich
Schreibende haben individuelle Strategien und Vorlieben und alle organisieren ihren Schreibprozess anders. Sie schreiben an unterschiedlichen Orten, zu unterschiedlichen Zeiten und gestalten ihre Textproduktion individuell. Manche schreiben mit der Hand, manche tippen gleich in den PC, andere greifen auf Diktiersysteme zurück. Schreibende nutzen unterschiedliche Tools und Techniken, alle haben eine eigene Schreib-Lern-Biografie und starten daher an verschiedenen Stellen in ihre Dissertation. Gerade zu Beginn des Schreibens bzw. zu Beginn der Promotion wissen viele Schreibende noch nicht, welche Techniken und Routinen Ihnen helfen. Diese entwickeln sich im Laufe der Zeit. Erst nachdem Erproben verschiedener Strategien können Schreibende sagen, was bei ihnen funktioniert und was nicht.
Mein Tipp: Probiere aus und beobachte Dich selbst. Wenn etwas gut funktioniert, behalte es bei. Sprich auch mit anderen und lass Dich inspirieren. Versuche nicht unbedingt, andere nachzumachen, denn Du musst Deine eigene Routine finden, die perfekt zu Dir passt. Wenn etwas gut funktioniert, bleibe dabei und erweitere es.
Schreiben heißt konkret werden
Die Forschung aufzuschreiben, bedeutet konkret zu werden und sich zu entscheiden, was Bestandteil des Textes sein wird. Während das Sprechen über Text noch relativ allgemein sein kann, muss der geschriebene Text auf den Punkt kommen und eindeutig sein. Etwas aufzuschreiben heißt, konkret zu werden und keinen Spielraum der Deutung zuzulassen. Und es bedeutet auch, sich festzulegen. Nun ist es schwierig, sich festzulegen, wenn das Promotionsprojekt noch nicht abgeschlossen ist, denn es könnte ja immer auch noch neue Erkenntnisse dazu kommen. Und zum anderen könnte es falsch sein. Mein Tipp: Schreibe mehrere Entwürfe. Das fällt etwas leichter, weil du weißt, dass Du mehrere Entwürfe schreibst. Drucke sie aus und lege sie nebeneinander. Analysiere, diskutiere und argumentiere. Suche Dir einen Entwurf aus oder nimm eine Schere oder Textmarker und schreibe Deinen Text. Hört sich aufwendig an, ist aber immer noch schneller und produktiver als gar nicht zu schreiben.
Schreiben kann langweilig und mühsam sein
In jeder Dissertationen gibt es Phasen, in denen etwas geschrieben werden muss, weil es einfach zum Inhalt dazu gehört. Und manches macht eben mehr Spaß, andere Teile eher weniger. Manche Texte fließen so aus der Feder bzw. der Tastatur, andere müssen Stück für Stück zusammengesetzt werden. Manchmal liegt das auch daran, dass man erst die Wissenschaftssprache lernen muss, oder es müssen Quellen belegt werden. Dann wird das Schreiben gerne vermieden und stattdessen etwas anderes gemacht.
Mein Tipp: Wenn Du merkst, dass Dir das Schreiben keinen Spaß macht, etwa weil es sich inhaltlich nicht befriedigend oder weil es mühsam ist und Du Dir Satz für Satz aus den Fingern saugst, dann teile es in konkrete Zeitabschnitte ein. Also mache es dann nur 30 Minuten oder 1 Stunde, 2 Stunden und dann mach etwas anderes. Stell Dir den Timer auf genau diese Zeit, mache das Internet und das Telefon aus und arbeite in dieser Zeit wirklich nur an diesem Teil. Sage Dir immer wieder, dass es jetzt nur eine bestimmte Zeit ist, in der Du maximal diszipliniert bist. Und dann belohne Dich mit einem Teil, der Dir mehr Spaß macht. Wenn sich diese mühselige Schreibzeit nicht etwas ausdehnt, bist Du sicher eher bereit, zu schreiben. Manchmal dauert es eben etwas länger zum Erfolg. Sei Dir sicher, es gibt andere Texte bzw. Tage, dann läuft es besser. Und später bist Du stolz auf Dich.
Es ist kein Ende in Sicht
Manche Schreibprozesse ziehen sich sehr in die Länge, weil beispielsweise das Thema nicht gut eingegrenzt, oder die Fragestellung zu weit gefasst ist. Manchmal verlängert sich das Schreiben auch, weil der Schreibauftrag nicht klar ist. Was soll eigentlich geschrieben werden, was ist das konkrete Ziel was verlangt die Promotionsbetreuung?
Mein Tipp: Wenn Du das Gefühl hast einen ausufernden Schreibprozess bewältigen zu müssen, dann prüfen, ob das Thema klar ist, ob die Fragestellung konkret und zugespitzt ist und ob die Absprachen mit der Promotionsbetreuung getroffen und eindeutig sind. Korrigiere gegebenenfalls Deine Ausgangslage und vereinbare ein Gespräch mit der Promotionsbetreuung. Visualisierung könnte auch hier eine hilfreiche Strategie sein. Die Führung eines Schreib-Ziel-Plans verschafft einen Überblick.
Es gibt noch zahlreiche andere Ursachen, beispielsweise fehlendes Feedback oder Unsicherheiten. Komm gerne in die Schreib-Challenge oder den Kurs „Projekt-Promotion“ , dort erhältst du Unterstützung.
Dr. Jutta Wergen
Du bekommst von mir hilfreiche Unterstützung in Deiner Promotionsphase. Ich habe in meinen Beratungen, meinen Coachings und Workshops, on-und offline, hilfreiche und passgenaue Coachinginstrumente und Tools entwickelt.
Dabei lege ich den Fokus auf die praktische Umsetzung und die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit von Promovierenden.
Coachingzonen-Wissenschaft habe ich 2014 gegründet. Hier biete ich, mittlerweile mit einem Team Online-Kurse für Promovierende an.
Ich kenne das Feld der Wissenschaft seit vielen Jahren und kenne die Strukturen der Nachwuchsförderung sowie die Besonderheiten von Promotionen. Ich weiß daher, welche typischen (und untypischen) Probleme und Fragen Promovierende haben können und kenne und entwickle mit Promovierenden gemeinsam die individuell passenden Antworten und Lösungen.
Ich arbeite seit 2001 als Coach und Trainerin mit Promovierenden. Zunächst habe ich Graduiertenprogramme koordiniert, Weiterbildungen konzipiert und angeboten. Selbstverständlich habe ich dazu selbst verschiedene Aus-und Weiterbildungen absolviert.
Als Trainerin und Coach biete ich an verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen für Promovierende Workshops und Coachings an.