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Deine Promotion ist so viel mehr als die Dissertation! Welche Kompetenzen brauchst Du für Deine Promotion und wo bekommst Du sie her?

Kompetenzen in der Promotionsphase

Wenn Promovierende über ihre Kompetenzen sprechen, fällt ihnen oft wenig ein. Sprechen Sie dagegen über das, was sie nicht können, gibt es mehr zu erzählen.

Vor allem in Gesprächen über das wissenschaftliche Schreiben der Dissertation lässt sich heraushören, dass Promovierende vor allem ihre Schwächen kennen, sich als nicht gut genug empfinden. Der überwiegende Teil der Doktorandinnen und Doktoranden würde sogar sagen, noch nicht so weit zu sein, wie er/sie sein sollte oder wie s von anderen erwartet wird. Dazu gehört das Gefühl, zu wenig zu schreiben, nicht gut genug zu schreiben, auf Tagungen weniger gut zu performen. Und dann dreht sich das Hamsterrad immer besser und immer mehr zu leisten.

Aber was ist es eigentlich, was Promovierende während ihrer Promotion lernen und welche Kompetenzen rücken ins Bewusstsein?

Die Promotion als Qualifizierungsphase

Eine Promotion ist eine Qualifizierung, die in erster Linie auf eine Berufstätigkeit in der Wissenschaft vorbereitet. Dazu sind Kompetenzen wie das Entwickeln fachlicher Inhalte, Forschungsmethoden, technische Kompetenzen, Fach- bzw. Wissenschaftssprache in Schrift und Wort und viele andere Kompetenzen nötig.

Für eine Karriereorientierung außerhalb der Wissenschaft lassen sich viele der in der Promotion erworbenen Kompetenzen nutzen. Die Leistung der Promovierenden ist es, diese Kompetenzen auf eine Berufstätigkeit außerhalb der Wissenschaft zu übertragen.
Neben der fachlichen Expertise sind das vor allem Projektmanagement, Kommunikations- um Konfliktkompetenzen, Vermittlungskompetenz, selbstständiges Arbeiten, selbstständiges Erarbeiten von Themen, Teamkompetenzen.

Persönlichkeitsentwicklung in der Promotion

Letztendlich ist eine Promotion auch immer eine Phase der Persönlichkeitsentwicklung. Die Bewältigung von Herausforderungen leisten Promovierende im besonderen Maße. Vermutlich sind die Gründe hierfür die hohe Identifikation mit der Dissertation bzw. dem Thema der Promotion.

Die hierarchische bzw. asymmetrische Beziehung zur Promotionsbetreuung ist nicht automatisch nur eine berufliche, sondern oft persönliche Beziehung, zumal „Doktorvater, Doktormutter“ für den „wissenschaftlichen Nachwuchs“ für alle beteiligten nochmal andere Rollen konfigurieren können. So kann es sein, dass Promovierende in ihrer Promotionszeit noch ganz andere Themen bearbeiten.

Auch die lange Unsicherheit in den universitären Strukturen mit langer Befristung sogt für eine besondere Form der Persönlichkeitsentwicklung. Für Promovierende der sogenannten ersten Generation Promotion kommt hinzu, dass sie sich in einem völlig fremden Feld bewegen, das von vielen impliziten Konventionen geprägt ist.

Die Promotion als Lebensphase

Wer eine Promotion nach dem Studium beginnt, hat damit die erste Ausbildung bereits abgeschlossen. In der Promotionsphase sind viele Promovierende in einer Phase, in der sie eine Familie gründen und/oder Care-Arbeit leisten. Auch für Personen, die berufsbegleitend promovieren, ist die Promotion ein neuer Lebensabschnitt und einer Lebensphase und möglicherweise eine Phase der Neuorientierung.

So haben viele Promovierende während der Promotion zahlreiche Anforderungen an die Vereinbarkeiten von Lebensbereichen, die sich je nach Promotionsform, z.B. berufsbegleitend oder Stipendium, mehr oder weniger gut vereinbaren lassen.

Bewusste und unbewusste Kompetenzen in der Promotionsphase

Wendet man die vier Stufen der Kompetenzentwicklung an, ergibt sich folgendes Bild

Unbewusste Inkompetenz

Der Wunsch zur Promotion bzw. die Promotionsabsicht ist vorhanden und die Promovierenden am Anfang ihrer Promotion wissen nicht, was auf sie zukommt.

„Ich möchte promovieren, ich weiß zwar nicht genau, wie promovieren geht, aber ich werde das schon hinbekommen.“

Bewusste Inkompetenz

Nachdem die ersten Hürden noch voller Energie überwunden wurden, bringt die Realität erste Zweifel. Die Promovierenden haben bereits viel geleistet, beispielsweise die Finanzierung der Promotion geklärt, das Exposé geschrieben und die Forschung begonnen.

Die Promovierenden treffen auf viele Herausforderungen und die Bewältigung der Schwierigkeiten in der Promotion kosten viel Energie.

Obwohl eine Beendigung der Promotion ohne Dissertation, also ein Promotionsabbruch jederzeit möglich ist, denken zwar viele Promovierende drüber nach, tun es aber nicht.

„Worauf habe ich mich da eingelassen, das ist ja doch schwieriger als gedacht.“

Bewusste Kompetenz

Im weiteren Promotionsverlauf werden sich Promovierende ihre Kompetenzen bewusst, insbesondere im Kontakt mit jenen Promovierenden, die gerade ihre Promotion beginnen.

Sie sind fachlich und methodisch kompetent, kooperieren und argumentieren, arbeiten vielleicht sogar im Team und haben möglicherweise bereits Lehrerfahrung und haben einen Vortrag auf einer Konferenz gehalten. Sie haben möglicherweise bereits Feedback erhalten und auch beispielsweise im Promotionskolloquium Feedback gegeben. Sie wissen, was sie noch lernen möchten und organisieren ihre Weiterbildung. Obwohl sie sich ihrer Kompetenzen bewusst sind, möchten Sie sich immer noch weiterentwickeln.

„Ich möchte an einer Summer School teilnehmen, das hochschuldidaktische Zertifikat abschließen und einen Workshop zur Drittmittelkrise besuchen.“

Unbewusste Kompetenz

Am Ende der Promotionsphase oder in der ersten Postdocphase sind den Promovierten in das Selbstverständnis als Doktor*in übergegangen. Sie organisieren Drittmittel, planen Lehrveranstaltungen, bewegen sich selbst verständlich auf Tagungen und verfolgen ihren Karriereplan.

Andere Promovierte haben die Hochschulen verlassen und befinden sich möglicherweise wieder im nächsten Kreislauf der Kompetenzstufen, weil sie zwar promoviert, aber wieder Berufseinsteiger*innen sind.

Von jenen, die im Wissenschaftssystem verbleiben, wird verlangt, dass sie sich stetig weiterentwickeln. Zwar mögen sie auf der Stufe der unbewussten Kompetenz angekommen sein, dennoch sind sie bereits im Hamsterrad des Systems angekommen und wieder auf der Stufe der bewussten Inkompetenz.

Wo lernen Promovierende?

Promovierende können Kompetenzen erwerben, indem sie Kolloquien besuchen und indem sie andere Promovierende fragen.

Auch die Promotionsbetreuung verfügt über Wissen, dass Promovierende nutzen können, im Kolloquium, in Beratungsgesprächen oder Veranstaltungen.

Angebote der Institute, der Fakultäten, der Graduiertenprogramme können von Promovierenden zur Weiterbildung genutzt werden. Auch andere Weiterbildungseinrichtungen der Hochschulen, wie beispielsweise hochschuldidaktische Zentren

Durch die Hochschule angebotene Mentoringsprogramme oder aber von Promovierenden selbst organisiertes Mentoring ist ebenfalls eine Möglichkeit, Kompetenzen im und für den Promotionsprozess zu erwerben.

Ideal sind auch Summer Schools, Methodenschulungen, Nachwuchsgruppen bei Fachgesellschaften zu nutzen.

Übrigens bietet auch Coachingzonen-Wissenschaft Weiterbildungen an. Der Onlinekurs Projekt Promotion ist beispielsweise eine gute Möglichkeit zum Erwerb promotionsrelevanter Kompetenzen.

Kompetenzen der Persönlichkeitsentwicklung

Dass Promovierende während der Promotion benötigen und was er selten kommuniziert wird und noch seltener angeboten wird, ist Folgendes:

Resilienz, Selbstwirksamkeit, Umgang mit Zweifeln, Imposter, Prokrastination, Einsamkeit, Frustrationstoleranz, keine Antworten, fehlende Ansprechpersonen, um Hilfe bitten, Selbstdisziplin, Selbstmotivation, 1. Generation Promotion #ichbinhanna, Umgang mit Defiziten

Diese Kompetenzen fallen unter das Label Persönlichkeitsentwicklung und werden stillschweigend vorausgesetzt, die Vermittlung dieser Kompetenzen wird ignoriert. Wie Promovierende mit Zweifeln umgehen, mit der Einsamkeit, mit Prokrastination, mit ihren Fragen, für die niemand zuständig ist, mit den Themen Selbstmotivation, Frustrationstoleranz, Resilienz und der Unsicherheit im Wissenschaftssystem bleibt im Dunkeln.

Selten wird über diese Kompetenzen gesprochen und so ist es nicht verwunderlich, dass Promovierende im Vergleich zu anderen hoch qualifizierten Arbeitenden ein doppelt so hohes Risiko für psychische Erkrankungen und Depressionen haben

Promotionscoaching, kollegiale Beratung und das Arbeiten in Peer-Groups sind eine gute Möglichkeit, sich mit diesen Themen der Persönlichkeitsentwicklung im Promotionsprozess auseinanderzusetzen. Allerdings gehören diese Themen häufig nicht zum Kompetenzentwicklungsprogramm für den wissenschaftlichen Nachwuchs bzw. für Menschen in der Qualifizierungsphase.

Darum ist es wichtig, dass Du Dir Deine passende Unterstützung besorgst!

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