Von Promovierenden für Promovierende: Zugänge zur Zeitgeschichte: Bild-Raum-Text. Quellen und Methoden.
Hier stelle ich ein Buch vor, dass aus einem Doktorand_innen-Netzwerk entstanden ist. Das Buch, herausgegeben von Lisa Spanka, Julia Lorenzen und Meike Haunschild ist 2016 erschienen und trägt den Titel: „Zugänge zur Zeitgeschichte: Bild-Raum-Text. Quellen und Methoden“. Es ist im Tectum Verlag erschienen. In diesem Buch stellen Doktorandinnen/Doktoranden und Postdocs ihr Forschungsdesign und den methodischen Zuschnitt ihrer Forschungsprojekte, besonders die Verwendung von Quellen vor. Die Besonderheit dieses Buches ist, dass es beschreibt, wie Historiker_innen aktuelle Quellen bzw. aktuelle Medien, z.B. Fotos, Filme und Ausstellungen, nutzen. Deswegen behandeln die Aufsätze des Buches, wie Historiker /Historikerinnen und Kulturwissenschaftler/ Kulturwissenschaftlerinnen in ihrer Forschung mit „modernen“ Quellen umgehen.
Der Autor und die Autorinnen des Sammelbandes zeigen, wie sie qualitative Methoden für ihre Forschungsprojekte einsetzen. Dabei entwickeln sie eine eigene Methodologie oder passen Methoden aus anderen Disziplinen an. Diese Beschreibung der Forschungsprojekte, vor allem die Vielfalt der Praxisbeispiele, zeigen, wie (Nachwuchs-) Forschende bei der Konzeption ihrer Methoden in den Geschichts-und Kulturwissenschaften vorgehen. Diese Beispiele können auch für andere Promovierende hilfreich sein. Das Buch ist gut lesbar und auch für jene verständlich, die nicht aus den Geschichtswissenschaften kommen. Mich begeistert die Kreativität der Autorinnen, passende Methoden zu finden, einzusetzen und für ihre Forschungsfragen anzupassen.
Mit dem methodischen Vorgehen erzählen die Autorinnen auch die Geschichte ihrer Doktorarbeit, welche Fragen sie sich gestellt haben und wie sie darauf gekomen sind, die Forschungsfrage mit den vorgestellten Methoden zu bearbeiten.
Ich würde das Buch allen empfehlen, die eine Forschungsarbeit, bzw. Dissertation verfassen und sich inspirieren lassen wollen. Das Buch ist allerdings nicht nur spannend, weil das methodische Vorgehen am Beispiel einiger Promotionen vorgestellt wird. Auch inhaltlich kann dieses Buch eine Quelle der Inspiration sein. Obwohl die vorgestellten Projekte aus den Kultur-und Geschichtswissenschaften sind, bieten sie doch Parallelen zu anderen Disziplinen, beispielsweise der Soziologie, der Rechtswissenschaft, der Psychologie sowie anderen Disziplinen.
Ich stelle hier im Folgenden die Projekte im Hinblick auf ihren methodischen Zuschnitt kurz vor und empfehle allen, die sich für die Methoden oder die Themen interessieren, dieses Buch zu lesen! Ich habe mich darauf beschränkt in ein, zwei Sätzen zu schreiben, wie methodisch gearbeitet wird, unabhängig davon, dass alle Aufsätze in mehrfacher Hinsicht eine Fülle von Material und Denkanstößen bieten. Nicht nur jenen Doktoranden und Doktorandinnen die auf der Suche nach einer Lösung für methodische Probleme sind, nützt dieses Buch – auch die Themen sind vielfältig und spannend. Das Buch hier portofrei bestellen!
In den drei Kapiteln des Buches wird anhand von Promotionsprojekten geschrieben wie Forschungsmethoden auf eigene Forschungen angepasst werden und wie eine eigene Methodologie entwickelt werden kann. Das letzte Kapitel des Buches bietet einen Überblick über den Einsatz verschiedener Forschungsmethoden in den Geschichts-und Kulturwissenschaften.
Kapitel eins „Methodenadaption und -transfer“
Kapitel eins „Methodenadaption und -transfer“ enthält zwei Beispiele, wie sich Methoden interdisziplinär nutzen lassen. Dabei handelt es sich um zwei Forschungsprojekte, die auf der Basis von Bildquellen, bzw. Film arbeiten. Beide Autorinnen verknüpfen sowohl sprachliche (schriftliche) Quellen mit visuellen Quellen. Durch das Hinzuziehen visueller Quellen lässt sich erforschen, was sich hinter den Worten abgespielt hat. Julia Lorenzen zeigt in ihrem Aufsatz „Bilder inszenierter Ereignisse. Beispielhaft dargestellt an Quellen zu Jubiläen der Daimler-Benz AG“, wie die eingesetzten Fotos ihre Forschungsperspektive ergänzen und zu neuen Erkenntnissen führen.
Meike Haunschild zieht in ihrem Forschungsprojekt ebenfalls visuelle Quellen hinzu. In dem Beitrag „Fernsehbeiträge als historische Quelle -Vorschläge zur Vorgehensweise am Beispiel von Obdachlosenreportagen“, zeigt sie, wie sich mithilfe von Methoden der Filmwissenschaften in den Geschichtswissenschaften Fernsehbeiträge und Reportage analysieren lassen.
Kapitel zwei: „Theoretischer Zugriff und Entwicklung einer eigenen Methodologie“
Der zweite Teil des Buches „Theoretischer Zugriff und Entwicklung einer eigenen Methodologie“ beinhaltet drei Aufsätze, die aufzeigen, wie Methoden theoriegeleitet entwickelt und eingesetzt werden können. Auf der Basis theoretischer Annahmen, bzw. eines theoretischen Konzepts werden Quellen hinzugezogen und analysiert.
Claudia Czycholl stellt das methodische Vorgehen in ihrer Promotion in dem Aufsatz „Bilder von Gastarbeiter_innen. Theoretische und methodische Überlegungen zum Umgang mit Presse-und Privatfotografien“, vor. Dabei analysiert sie Fremd- und Selbstbilder von Gastarbeiterinnen auf der Basis des theoretischen Habitus-Konzeptes von Pierre Bourdieu. In ihrer Forschung greift sie auf einen großen Fundus von Fotografien zurück.
Hans Gerhard Schmidt beschreibt das Vorgehen seiner Promotion in dem Aufsatz „Verfolgungsleiden entschädigen. Institutionelle Eigendynamik und individueller Eigensinn in der bundesdeutschen Entschädigungspraxis. Bei dem Aufsatz beschreibt er sein theoretisches Konzept.
Lisa Spanka vergleicht in ihrem Aufsatz „Zugänge zur Zeitgeschichte mit dem Museum. Methodologie einer Ausstellungsanalyse“ wie in Deutschland und in Dänemark Geschlecht (re-) konstruiert wird. Sie entwickelt in ihrer Doktorarbeit auf der Basis einer theoretischen Konzeption eine Mehrebenenanalyse und untersucht anhand einer deutschen und einer dänischen Dauerausstellung im Museum, wie „Geschlecht“ abhängig von „Nation“gemacht wird.
Kapitel drei: „Generierung eigener Quellen“
Der dritte Teil des Buches „Generierung eigener Quellen“ enthält zwei Aufsätze, die aufzeigen, wie das methodische Vorgehen in einem Forschungs-, bzw. Promotionsprojekt gestaltet werden kann. Dabei wird praktisch das Vorgehen beschrieben, wie Interviews oder die Teilnehmende Beobachtung in den Geschichtswissenschaften eingesetzt werden kann. Die beiden letzten Aufsätze des Buches beantworten viele Fragen und können als Anleitung und Inspiration für die Erhebung von Daten gelesen werden.
Uta Bretschneider und Merve Lühr beschreiben in ihrem Aufsatz „Zeit. Zeugen: Qualitative Interviews als kulturwissenschaftliche Quellen“, wie die Planung, Ausführung und Auswertung von Interviews in den Kulturwissenschaften ablaufen kann. Sie zeigen auf, welche Potenziale und welche Grenzen Interviews mit Zeitzeugen und Zeitzeuginnen bieten. Hilfreich sind die vielen praktischen Hinweise, die Forschenden helfen können, Interviews als Quellen in ihrer Forschung zu nutzen.
Christine Hämmerling stellt in ihrem Aufsatz „Teilnehmende Beobachtung in der historischen Forschungspraxis“ das forschungspraktische Vorgehen bei der Generierung von Daten vor. Um die Teilnehmende Beobachtung in den Geschichtswissenschaften einzusetzen, müssen bestimmte Aspekte berücksichtigt werden. Diese Voraussetzungen werden hier beschrieben.
Von Promovierenden für Promovierende
Insgesamt ist dieses Buch ein tolles Projekt des Doc- Netzwerks der Universität Bremen. Vernetzt promovieren und forschen trägt zum Erfolg und zum Abschluss von Promotionen bei – wenn dabei noch so ein tolles Buch herauskommt: Chapeau! Dieses Buch stellt viele Informationen für das wissenschaftliche und methodische Vorgehen für die Diss bereit und sollte unbedingt von Promovierenden aus den Geschichtswissenschaften und jenen, die in den Kulturwissenschaften forschen, gelesen werden.
Lisa Spanka, Julia Lorenzen, Meike Haunschild (Hg.) (2016) Zugänge zur Zeitgeschichte: Bild-Raum-Text. Quellen und Methoden. Das Buch hier portofrei bestellen!