Liebesbriefe von Promovierenden an ihre Dissertation. Wertschätzung, gute Gedanken und Liebe lassen die Dissertation wachsen. Was magst, was liebst Du an Deiner Dissertation?
#dissliebe 2022
Im Promotionscoaching höre ich so oft, was in der Promotion im Allgemeinen und an der Dissertation im Besonderen schiefläuft.
Hier haben Promovierende Liebesbriefe an ihre Dissertation geschrieben. Gänsehaut!
Es gibt viele Herausforderungen des Promovierens. Verständlicherweise aber auch leider können Promovierende die positiven Seiten des Promovierens nicht mehr sehen. Darum rufen wir von Coachingzonen dazu auf, einen Liebesbrief an die Dissertation zu schreiben.
Sich wieder zu erinnern, welche schönen Seiten das Promovieren hat und welche Leidenschaften für die Dissertation da ist/da war, macht das Promovieren so viel leichter. Vielleicht ist der Liebesbrief sogar etwas für den Notfallkoffer, den Promovierende haben sollten?
Energy flows where attention goes
In schwierigen Zeiten, aber auch sonst hilft es, die schönen Tätigkeiten des Promovierens, das Interesse an den Ergebnissen und die Ziele wieder in den Blick zu nehmen. Es macht die Promotionsphasen wieder leichter.
Liebesbriefe an Deine Dissertation – Hier die Briefe, Gedichte, Texte
Liebste Dissertation,
schon knapp vier Jahre verbringen wir jetzt miteinander und wie selten habe ich dir gesagt, was du mir bedeutest.
Im Alltagsstress ist das einfach so oft untergangen, verzeih mir.
Doch ich hoffe du hast es gefühlt, denn wann immer ich von der Arbeit kam, habe ich dir meine Zeit gewidmet. Täglich zwei Stunden, nach einem 8h Arbeitstag und natürlich all meinen Jahresurlaub und die Wochenenden. Dabei habe ich Freunde für dich vernachlässigt, meine Partnerschaft und echte Herzenswünsche, wie den nach einem Menschenkind stets hintenangestellt, bis meine Gesundheit streikte und ich einfach nicht mehr konnte.
Ein halbes Jahr bin ich dir dann erstmal aus dem Weg gegangen, nicht weil ich es wollte, sondern weil ich die Zeit brauchte, um neben der Arbeit wieder ein bisschen zu Kräften zu kommen.
Für dich habe ich schließlich meine Stelle gekündigt und wollte mit dir ein Jahr intensiv auf Forschungsreise gehen, um dir meine Liebe zu zeigen – sogar ein Stipendium konnte ich für unsere Reise mühevoll ergattern. Doch dann kam Corona.
Kurz vor der österreichischen Grenze mussten wir plötzlich umkehren und zurück in die Heimat – alle Grenzübergänge wurden gesperrt und es gab kein Durchkommen. Wie gern wäre ich mit dir in Wien gewesen, in unserer Stiege, wie gern hätte ich Zeit mit dir in der auf Bildern so beeindruckenden Nationalbibliothek verbracht, die so wunderschön sein soll. Doch es war uns leider nicht vergönnt. Das Stipendium verfiel und ich musste dringend eine neue Stelle finden, um uns zu finanzieren, denn wir waren plötzlich ohne Geld. Das war in einer Zeit, in der viele ihre Jobs verloren haben und gemeinsam mit mir auf die Suche gehen mussten. Über ein halbes Jahr hat es gedauert etwas Neues zu finden und Freunde boten immer wieder Unterstützung in Form von Geld und Raum an. Etwas blauäugig hatte ich gehofft, dass ich mich in dieser Zeit des Suchens intensiv mit dir befassen kann, doch den Druck und die vielen Bewerbungsgespräche, die mich quer durch die Republik führten, hatte ich doch etwas unterschätzt.
Trotzdem warst du immer präsent für mich und stetig in kleinen Schritten, mit Hilfe verschiedener Angebote, die zum Glück kostenfrei waren, sodass ich sie uns leisten konnte, ging es voran. So auch durch die Schreibchallenge, in der wir Gleichgesinnte trafen mit ähnlichen Hürden und auch ganz anderen Baustellen. Zum ersten Mal konnten wir uns in dieser Phase als Einzelkämpfer richtig verbunden fühlen. Das war so großartig und gab neuen Mut und Hoffnung! Dafür bin ich von Herzen dankbar.
Endlich, im Sommer 2021 war es dann auch soweit und wir konnten mit neuer Stelle neu beginnen. Ich wusste, ich werde wieder viel weniger Zeit für dich haben, doch ich hatte gut verhandelt. Viel weniger Geld als im vorherigen Job, doch nur noch 50% und dadurch zwei freie Tage nur für uns. Anfangs war ich oft müde und musste mich erst zurechtfinden, doch dann lief mein Projekt, dass ich seitdem leite ganz gut an. Da ich auch dort etwas ganz Neues erschaffen darf (und muss), wofür es keine Vorlage gibt und wofür ich keine Mitarbeiter*innen zur Verfügung habe, forderte mich die Stelle aber dann doch mehr als gedacht. Ich musste immer öfter Überstunden machen und hab dich manchmal eine ganze Woche allein gelassen. Das war nicht gut für dich und für mich. Ich musste lernen Prioritäten zu setzten, die nicht allen gefallen und über meinen Schatten zu springen. Die Unterstützung, die mir von meiner Chefin noch im Bewerbungsgespräch zugesagt worden war, um mit dir sein zu können blieb dabei leider – wie schon in der Stelle zuvor – aus.
Trotzdem nach vielem Überlegen und klaren Worten meinerseits wusste ich: Du bist meine Nummer 1. Keine erneut befristete Stelle könnte dir das Wasser reichen, würde mir je das geben, was du mir gibst.
Bis Dezember 2021 sollte unsere Reise dauern und du dann erstmals in die Hände eines professionellen Lektorats gelangen – ich war so aufgeregt und machte tolle Pläne!
Im November war mir dann ziemlich viel so übel, dass ich nicht nur am Tag nicht arbeiten konnte, sondern auch in der Nacht kaum schlaf finden, denn es kündigte sich an worauf ich für dich so lange verzichtet hatte und worauf ich aufgrund meines Alters und meiner anderen Lebenspläne nicht länger warten konnte: Endlich ein Menschenkind! Ich war so glücklich und hoffte, ich schaffe es euch beiden von nun an gerecht zu werden.
Leider habe ich das große Los und gehöre zu 1% der Schwangeren mit schwerer Schwangerschaftsübelkeit. Monate konnte ich nicht arbeiten und musste all die schönen Pläne für dich verschieben. Jetzt, langsam, aber stetig, wird es etwas besser. Vier Monate haben wir noch, bevor das Menschenkind all meine Aufmerksamkeit bekommen soll. Vier Monate und 11 offene Kapitel, die ich dir noch widmen möchte. Das ist sportlich, doch wir sind so weit zusammengekommen, haben so viel zusammen erlebt: Zwei Jobs, eine Arbeitslosigkeit, eine gescheiterte Beziehung – weil ich immer nur Augen für dich hatte -, ein Burnout, eine neue Liebe und die Hochzeit mit meinem wunderbaren Mann. Ich bin sicher meine Liebste, wir schaffen das und ich verspreche: Ich werde alles dafür tun, dass du in vier Monaten endlich in neue Hände gehen kannst, endlich von anderen Augen gelesen werden darfst.
Es wird mir schwerfallen, ganz sicher, doch ich bin bereit und ich weiß, du bist es auch.
Für immer verbunden,
Deine Erschafferin (Julia, Literaturwissenschaft)
Ich liebe meine Dissertation, weil sie mittlerweile nach fünf Jahren des Promovierens ein eigenständiges Subjekt geworden ist, das nicht nachtragend ist, sondern geduldig ist und glücklich, wenn ich mir Zeit für sie nehme. Ich liebe an ihr, dass ich sie formen kann, wie ich es möchte und wir beide gemeinsam daran und dadurch wachsen. Das ist erfüllend. Ich spüre, dass wir dieses Jahr zum Ende kommen werden und ich weiß, dass uns das beiden gut tun wird. Sie ist mittlerweile eine enge Vertraute und ich bin froh darüber, dass wir noch ein paar Monate kreativer Schaffenszeit miteinander verbringen werden. Dieses Jahr werden wir unsere Beziehung vollenden, auch wenn Abschiede mich traurig machen, so freue ich mich diesmal schon jetzt auf das vollendete Endprodukt, das sie Ende dieses Jahres hoffentlich sein wird. (Anonym, Verfasser:in bekannt)
Ich mag an meiner Promotion:
- Mein Thema, das ich für unglaublich wichtig halte.
- Die Ruhe, die ich beim Lesen habe (also, wenn es gut läuft)
- Dass ich dadurch schreiben gelernt habe (also in Ansätzen 😉 )
- Die Perspektiven, die mir meine Promotion hoffentlich mal eröffnet
- Das ich mir immer neue Fähigkeiten erarbeiten muss – auch wenn das manchmal beängstigend sein kann. Nachher bin ich da immer stolz drauf.
- Wenn wir uns über die Herausforderungen in der Schreibgruppe austauschen.
- Manchmal den Rückblick was ich dann doch schon alles geschafft/gemacht habe.
Jacob, VWL
was ich an meiner Dissertation mag, ist keine Geschichte, denn unsere Liebe, die ich dichte, ist keine Prosa, sondern Poesie:
Denkanstöße
Ideenreichtum
Supermenschlichkeit
Scharfzüngigkeit
–
Lichtblicke
Informationsexzesse
Entwicklungsschritte
Bereicherung
Ende-in-Sicht
Anonym (Germanistik)
Liebe Diss,
wärst Du mein Partner würde ich Dich anstrengend finden, denn manchmal scheint unsere Kommunikation so schwierig, dass ich gar nicht mehr weiß, ob und was ich Dir überhaupt noch schreiben soll. Du stellst mich immer wieder vor scheinbar unüberwindbare Aufgaben. Ich weiß dann oft nicht weiter und am liebsten würde ich unsere ganze lange dann Beziehung dann beenden, denn es macht für mich alles keinen Sinn mehr. Gleichzeitig weiß ich, dass ich auch nicht unschuldig bin an der ganzen Geschichte. Ich wollte Dich unbedingt, das weißt Du. Wenn es gut mit uns läuft, dann teile ich Dir nicht nur meine innersten Gedanken und Ideen mit, sondern ich fühle mich auch richtig wohl mit Dir. Ich mag Dich schon sehr gern. Du verstehst mich, inspirierst mich und lässt mich in ungeahnte Höhen aufsteigen. Du entwickelst Dich ja auch immer weiter mit mir, auch wenn ich mal Unsinn verzapfe, und Du kannst mir immer wieder verzeihen, wenn ich Dich mal links liegen lasse, und dafür danke ich Dir.
Caro, Bildungswissenschaften
Liebe Diss,
Im letzten Jahr ist mit uns beiden viel passiert und oft hast du mich an den Rand der Verzweiflung gebracht.
Als wir eigentlich letzten Herbst fertig sein wollten mit den Berechnungen, hast du mir einen großen Strich durch die Rechnung gemacht und ich war sehr enttäuscht. Wir hatten uns den Sommer über so gut zusammengerauft und ich hatte eigentlich das Gefühl, dass unser Happy End zum Greifen nah war.
Aber wie in einer romantischen Komödie gab es wieder einmal Drama um die Diss und vor allem Schuldzuweisungen, für Fehler, die schon vor langer Zeit passiert waren. Jemand hatte Windkraftanlagen mit Zeitreihen für Photovoltaik-Anlagen versehen. Als dieser Fehler aufgeflogen ist, neben weiteren, scheinbar unüberwindbaren technischen Schwierigkeiten in der Mittelspannung, gab es erst einmal Stunk. Wer trägt jetzt die Schuld dafür?
Ich liebe dich dafür, dass ich dich anschreien kann, ohne dass du es mir übelnimmst. Und irgendwie liebe ich dich langsam auch wieder, weil wir gemeinsam alle Probleme bewältigen. Bald ist Frühling, die Zeitreihen sind mittlerweile wasserdicht überprüft, die technischen Probleme haben wir auch gelöst. Ich liebe es, dass es dann am Ende doch immer irgendwie einen Schritt weiter geht. Und ich liebe das Gefühl, wenn nach 4 Monaten Scheitern wieder ein Hoffnungsschimmer ins Arbeitszimmer blitzt. Es ist Valentinstag, ich verliebe mich wieder neu, ich lass die Sonne rein
Rieke, Elektrotechnik, Kassel
Ich liebe einige Dinge an meiner Diss, auch wenn so manches davon erst nach und nach durchsickert und mir deutlich wird. Ich liebe an meiner Diss, dass sie mir die Möglichkeit bietet mich auf eine Sache zu konzentrieren. Mich in diesen Stunden mit meinem Thema zu befassen.
Keine Kinder, die etwas von mir wollen, meine Zeit für mein Thema. Ich genieße das mittlerweile sehr. Ich liebe an meiner Diss, dass ich mich durch sie mit einem Thema beschäftigen kann, das mir am Herzen liegt: Geschlechtergerechtigkeit. Dass ich durch sie immer mehr in die Tiefe gehen kann und meinen eigenen Beitrag dazu leisten kann, Frauen sichtbarer zu machen. Ich liebe an meiner Diss, dass wir uns beide in diesem Prozess weiterentwickeln. Und nicht zuletzt liebe ich an meiner
Diss, dass ich das tun kann, was mir so viel Freude bereitet: wissenschaftlich Arbeiten.
Kerstin
Der Weg bis zur Abgabe meiner Dissertation im Bereich Architektur hatte einige Tiefen und auch viele Höhen. Dieses wellenförmige Auf und Ab gehört bei jeder wissenschaftlichen Arbeit einfach dazu. Man darf nie vergessen, dass eine Doktorarbeit ein sehr großes und meist auch langes Projekt ist, das häufig neben Beruf und familiären Verpflichtungen absolviert wird. Es ist gut, dass es Netzwerke wie #ichbinhanna gibt, die auf einige der vielen Missstände im universitären Umfeld hinweisen.
Mit etwas Abstand merke ich, wieviel ich gerade in den Tiefphasen gelernt habe und auch direkt in mein Berufsleben übertragen konnte. Womit ich nicht gerechnet habe, meine Dissertation wurde abgelehnt bzw. wurde mir eine Überarbeitung empfohlen. Das war und ist ein herber Rückschlag. Das liegt noch nicht lange zurück. Was mich jedoch selber überrascht: Ich bin immer noch wirklich Fan meines Themas und auch meiner Arbeit. Es wird sicherlich nochmals viel Kraft kosten, Zeit zu finden, um die Ecken und Kanten rauszuarbeiten. Trotzdem ist mir eines bewusst: es steckt viel Herzblut, Energie und #dissliebe darin. Irgendwie bin ich weiterhin stolz, dass ich diesen Weg einer Promotion, trotz streckenweiser widriger Rahmenbedingungen, gegangen bin und auch weitergehen werde. Das alles geht, da ich an mein Dissertationprojekt, mein Thema, glaube und wirklich gerne forsche. Das ist aus meiner Sicht ein sehr relevanter Teil der #dissliebe.
Anne, Architektur
Ich liebe an meiner Dissertation, dass sie in mir jedes Mal aufs Neue meinen Forschungsdrang weckt und mich meine Leidenschaft zum Schreiben ausleben lässt. Auch, wenn ich mal nicht voll bei der Sache bin, ist sie stets mit viel Geduld bei mir. Sie gibt mir jeden Tag wieder die Möglichkeit tiefer in das Thema einzutauchen, mich an ihr auszuprobieren und an dem Lösen ihrer Herausforderungen weiterzuentwickeln. Und was ich am Allermeisten an ihr liebe, ist, dass sie scheinbar genau die Richtige für mich ist, da ich nun nach über einem halben Jahr mit ihr immer noch große Freude für sie empfinde.
Veronika
Liebe Diss,
ich erinnere mich noch an den Tag, an dem wir uns kennen gelernt haben. Es war eine Stellenausschreibung mit den kleinen, aber feinen Worten „mit Zielrichtung Promotion“. Es begann ganz leise, wir haben uns einander angenähert. Du hast mir immer mehr von dir preisgegeben. Ich muss dir gestehen, dass ich unsere Beziehung nicht immer leicht finde – du bist sehr impulsiv. Aber genau das liebe ich an dir. Du bist mein Abenteuer. Ich lerne durch dich nicht nur mehr über die Themen, sondern auch über mich. Und ja, du hast es auch nicht leicht mit mir. Ich möchte dir für die letzten eineinhalb Jahre danken. Du hast mir die Möglichkeit gegeben, mit internationalen Projektpartnern eine Intervention mit Studierenden durchzuführen, was einen Beitrag zur Internationalisierung der Lehrkräftebildung leisten kann. WOW! Wie oft schenkst du mir auch diese krassen Aha-Erlebnisse? Ich liebe das Gefühl, wenn die Mauer bröckelt und es irgendwann bum macht. GRANDIOS! Das wohl wichtigste, was du mir schenkst, ist Mut. Mut nicht vor dem Berg wegzulaufen. Mut meine eigene wissenschaftliche Meinung zu bilden und zu vertreten. DANKE!
Zu guter Letzt noch einige Worte zu deinem Äußeren. Ich finde dich wunderschön. Du erfindest dich gern neu, aber bleibst im Kern dieselbe Diss, in die ich mich vor eineinhalb Jahren hoffnungslos verliebt habt.
Ich liebe dich, meine Dissertation, mit all deinen tollen, aber auch herausfordernden Eigenschaften. Du bist mein Herzensprojekt! Danke, dass ich an dir und mit dir arbeiten darf.
In voller Liebe und Dankbarkeit,
deine K. (Doktorandin in der Didaktik der romanischen Sprachen)
Liebe Dissertation,
wir gehen nun mehr als ein Jahrzehnt den Weg gemeinsam. Ich kenne Dich länger als meinen Mann. Ich habe mehr Zeit mit Dir verbracht als mit allem anderen. Auch wenn ich Dich phasenweise stark vernachlässigen musste, weil dann doch der Job oder die Geburten der Kinder mehr Zeit erforderten – bis Du die Konstante in meinem Leben geblieben. An Aufgeben war nie zu denken. Du bist mein eigenes Projekt, mein „Baby“. Mein Projekt, in das mir (kaum) einer reinredet. Ich habe das ganz alleine geschafft, auch wenn ich mir mehr Unterstützung gewünscht hätte. Durch Dich habe ich mich selbst weiterentwickelt, geistige Sphären erreicht – die ich nie zu erreichen glaubte. Du hast also das Beste aus mir rausgeholt. Ich habe die Forschungsarbeit sehr geliebt, das Wühlen in Archiven und die Freude über jedes neue Fundstück. Durch Dich hatte ich die einmalige Chance mit beeindruckenden Zeitzeugen zu sprechen und neben meinem Thema viel für das Leben mitzunehmen. Durch Dich habe ich wunderbare Freunde als Co-Worker gefunden, die mir gezeigt haben, dass Frauen alles schaffen können, wenn sie Dissertation, Kinder, Job und Pandemie schon händeln können. Wir sind viele Jahre gemeinsam gegangen, aber es ist jetzt Zeit, dass Du auf eigenen Füßen stehen musst. Ich liebe es, dass ich unser gemeinsames Projekt nun als beendet betrachten kann. Du wird nun deinen Weg in die Welt alleine gehen (müssen), neue Leser, Interessierte und Forscher finden und für Dich begeistern müssen. Es wird also Zeit mich von Dir zu verabschieden, denn dies ist ein Abschiedsbrief. Mach es gut!
Liebe Diss,
Dass ich als meine dich umfangen,
Und dich begann, mit Eifer groß,
Heut sind sechs Jahr seitdem vergangen,
Und du liegst da, wie sag ich’s bloß:
Unvollkommen – trotz allem Streben
Nach einem bunten Schellenkleid,
Überreich an innrem Leben,
An höchstem Glück und tiefsten Leid.
Denk ich, wie wechselnd, bald die Freude,
Bald mich der Schmerz in Händen hielt,
So ist mir’s fast als hätten beide
Mit meinem Herzen Ball gespielt,
Dies Werfen mich und Wieder-Fassen,
Nahm oft der Freude selbst den Wert,
Und „möchte ich dich fallen lassen!“
Hab‘ ich manch liebes Mal begehrt.
Erkennen an dem eignen Lose
Mußt‘ ich, wie wahr die Dichtrin klagt:
„Ein liebend Herz ist eine Rose,
Daran die Sorgen-Raupe nagt.“
Ob nimmer auch, wie scheu-getroffen,
Ihr Zahn die Blüte selbst versehrt, –
Die frischen Blätter – Mut und Hoffen –
Sah ich bis auf den Grund verheert.
Schon sprichst du: „Welche Leichenrede
Statt eines frohen Festgedichts?!“
Doch meiner Klagen all und jede,
Drum lächle nur, zerfällt in nichts,
Eines Tages, wenn du sprichst:
„Dein Weg ist offen,
Sei wieder frei, um froh zu sein“;
So steh‘ ich; wie vom Blitz getroffen,
Und rufe weinend: „Kann das sein?“
(nach Theodor Fontane)
Nur durch dich, führt der Weg hinaus,
Deine Birte
Liebe Dissertation,
weißt du noch damals, wie wir uns kennengelernt haben? Ich wusste gar nicht, wie ich dich ansprechen sollte. Woher denn auch? Schließlich ist das meine erste Beziehung dieser Art. In der Uni liefen wir uns immer mal wieder über den Weg und ich sah dich verlegen an. Dann eines Tages haben wir uns beim Vorbeigehen in die Augen gesehen und du hast gelächelt. Da war‘s um mich geschehen und ich sprach dich an – und dann kamen wir irgendwie zusammen.
Ich war froh, befreit und voller Tatendrang. Wir hatten Träume und wollten gemeinsam groß raus, etwas bewegen, etwas verändern. Alles lief nach Plan und es ging voran. Wir hatten einander und waren gemeinsam glücklich – bis die Pandemie kam… Am Anfang dachten wir noch „Hey, so schlimm wird’s wohl nicht werden“, doch wir sollten uns irren. Aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen wurden Monate und aus Monaten wurden schließlich Jahre. Und in dieser Zeit wurde ich krank, ich fiel in ein schier endloses Loch. Es kamen große Zweifel in mir auf, ob ich der Richtige für dich bin, ob ich dir und deiner Familie genüge.
Schließlich kommst du aus hohem Hause und ich stamme nur aus einfachen Verhältnissen. Das Weiteste, was ich bisher schaffte, war ein Praktikum in Leverkusen… Du und deine Verwandten hingegen seid allesamt Kosmopolit*innen, international vernetzt, hoch angesehen und erfolgreich. Was sollte ich dir schon großartig bieten können und dann noch in meiner kläglichen Verfassung? Aber du hast mich nicht verlassen. Du warst verständnisvoll und bist bei mir geblieben.
Du sagtest, dass es okay ist, wie es ist und dass uns irgendwann wieder die Sonne scheinen würde. Du hast dich an mich und die neue Situation angepasst und dafür danke ich dir von Herzen. Ich versuchte daran zu glauben und wieder aufzustehen. Zwischenzeitlich sah es danach aus, als ob alles wieder gut gehen würde, doch ich fiel wieder hin und wieder in dieses Loch.
Zwar weiß ich, dass ich daraus auch wieder rauskommen kann, jedoch kostet es mich unglaublich viel Kraft – Kraft, die mir für unsere Beziehung fehlt. Und zu allem Überfluss meldet sich deine Familie zuhauf zu Wort und stellt Erwartungen, die ich im Moment, ja vielleicht nie erfüllen können werde. Ich weiß nicht, ob ich deine Familie… oder dich dafür hassen soll… Es fühlt sich einfach nur schlecht an, ich fühle mich einfach nur schlecht und erschöpft.
Ich sollte dich verlassen, weil du etwas Besseres verdient hast und ich auch – das denke ich mir zumindest sehr oft. Aber dann fällt mir wieder ein, warum ich mich so mies fühle, warum mich Selbstzweifel von innen zerfressen, warum mich immer wieder dieser Hass überkommt. Du bist nicht der Grund für all das. Es sind die Pandemie, das politische Hin und Her – ja gerade Rumgeeiere – und letztlich auch die Erwartungen deiner Familie, die mich mürbe machen und mich die von dir beschriebene Sonne immer seltener sehen lassen. Dabei könnte das Leben mit dir, mit uns so schön sein, wäre all das Drumherum nicht, wären all die anderen nicht. Wir sind nunmehr seit knapp 2 ½ Jahren zusammen.
Lass uns zusammen durchbrennen und gemeinsam einfach von vorne beginnen! Lass uns nicht auf das hören, was die anderen sagen, was wir tun und lassen sollen, um dieses und jenes zu erreichen! Lass uns das machen, worauf wir Lust haben! Lass uns unsere Träume verwirklichen, die wir damals hatten! Nur du und ich, nur wir beide und niemand anderes! Ich liebe dich – oder vielmehr „Ich will dich lieben – wieder lieben“! Ich hoffe, du lässt mich dich wieder lieben (lernen) und verzeihst mir meine Zweifel und dunklen Gedanken. Bitte bleib an meiner Seite – ich will an deiner bleiben.
Soziologie
Meine liebe Dissertation,
ich habe Dir noch nie erzählt, wie wir zueinander gefunden haben – heute aber ist der Moment gekommen. Manchmal nimmt das Leben eine Wendung in einem Augenblick, in dem man es am allerwenigsten erwartet.
Vor einigen Jahren fand ich mich in der Sammlung eines Braunschweiger Museums wieder. Dort standen in Vitrinen aufgereiht kirchliche Gewänder des späten Mittelalters, die einmal die Leiber der Geistlichen bekleidet hatten. Schweigend und ohne jegliche Informationen standen sie da. Ich war angezogen von den sehr unterschiedlichen Materialien, der ägyptischer Seide, der einfachen Wolle, von den teils groben Nähten, die sie zusammenhielten. Ich spürte, dass in ihnen unzählige Hände ihre Spuren hinterlassen hatten und viele Geschichten verwoben waren. Und auf einmal schien es mir, als würden sie mich antippen und mir etwas sagen wollen. Schreiben war für mich nie mit Freude verbunden. Ganz im Gegenteil – allein der Gedanke einen Text verfassen zu müssen versetzte mich in Panik. Da war immer das Gefühl, nichts zu sagen zu haben, nichts zu wissen, mich verletzbar zu machen.
Als Kostümbildnerin war ich in der angewandten Kunst unterwegs und konnte mich dem Schreiben gut entziehen, hatte ich doch andere Mittel des Ausdrucks. Nur reichten diese irgendwann nicht mehr aus, die inhaltliche Unzufriedenheit war einfach zu groß und die Werkzeuge zu begrenzt. Jetzt gab es also diese spätmittelalterliche Kleidung, die mir auf die Schulter getippt hatte. Die schweigend im Museum steht, hinter Glas in der Vitrine.
Ich wollte mich um sie „kümmern“, ihre Geschichten erzählen. Und dazu muss ich schreiben, das war der einzige Weg. Ganz zaghaft ging es los, mit kleinen Schritten und großen Fehlern. Begleitet von vielen traurigen und freudigen Ereignissen und noch mehr Erkenntnissen über mich selbst. Die Gewänder warteten, wie sie es seit Jahrhunderten tun. Wie stützende Säulen. Mittlerweile bin ich nach jahrelanger Forschungsarbeit dabei, ihre Geschichte aufzuschreiben. Es macht mich sehr glücklich und manchmal kommt noch ein bisschen Panik auf. Und ohne Dich, liebe Dissertation, wäre dies alles nicht möglich gewesen. Herzlichen Dank.
Maya, Kunstwissenschaft
Liebste Diss,
Heute schreibe ich dir, weil Valentinstag ist und die ganze Welt verrücktspielt und sich gegenseitig sagt, warum sie einander so sehr lieben. Und da ich mit dir das wahrscheinlich interessanteste Liebesabenteuer durchlebe, erhältst auch du heute ein paar verzuckerte Zeilen, die dich daran erinnern sollen, dass ich dich bedingungslos Liebe und ich mir Wünsche, dass diese Reise, auf der wir uns beide befinden nie enden soll.
Irgendwie habe ich schon sehr früh gespürt, dass ich dir eines Tages wirklich begegnen mag. Noch in der Schule wunderte ich mich öfters, warum die vorgestellten Modelle und Theorien in meiner Welt so gar nicht funktionieren mögen. Aus meiner Sicht war da ja immer mehr: Komplexität, Hintergrund, Tiefgang und Geschichte. Ich wollte immer ‚besser‘ Wissen und fand die auswendig vorgetragenen Texte aus den Lehrbüchern wenig inspirierend und wegweisend. Man müsste doch nur mal den Mut haben auf den Berg zu steigen, da hat man doch einen viel besseren Blick als hier unten im Tal. Naja, ich habe mich dann schon durchgewurschtelt und Begriff endlich auch, dass das wohl Teil des Spiels sein muss, wenn ich hier unten im Tal vorankommen möchte. Der Gedanke lies mich trotzdem nicht mehr los und in meiner Jugendzeit habe ich dann mutig den Grundstein für unsere Zusammenkunft gelegt.
Ich ging ein Jahr ins Ausland und lernte eine neue Sprache und so manch‘ andere Flause kennen. Schon damals habe ich immer wieder an dich gedacht, und auch während meiner weiteren akademischen und beruflichen Laufbahn bist du immer wieder in meinem Kopf aufgeblitzt.
‚Werde ich dich jemals treffen?‘
‚Habe ich schon genug Ausrüstung für diese Reise?‘ fragte ich mich dann. Manchmal sprach ich auch mit meinem Umfeld darüber und bekam folgendes zurückgespiegelt:
‚Ist das überhaupt möglich?‘
‚Ein zweites Kind wäre da schon einfacher, oder?‘
‚Du schaffst das doch auch so Karriere zu machen, denkst du nicht?‘
‚Wozu benötigst du denn jetzt dieses Abenteuer?‘ ‚Du bist egoistisch, kümmere dich lieber um deine Familie.‘
‚Bist du eigentlich gar nicht glücklich und zufrieden mit dem was du hast?‘
‚Das ist doch total unsicher, wieso willst du dich quälen?‘
‚Dir ist schon klar, dass dich das nicht zu einem besseren Menschen macht?‘
‚Wer weiß, ob du das überhaupt schaffst.‘ Damit verflogen diese Gedanken an dich wieder so schnell wie sie kamen.
‚They’ll try to tell you that it can’t be done, they’ll kick you down, they’ll tell you that you will never be the one’.
Getragen von meinem Selbstzweifel hat es dann noch eine Weile gedauert, bis ich begriffen habe, dass ich mir wieder mutig ein Herz fassen muss, damit ich dich finden kann. Die Suche begann und es dauerte keine zwei Wochen. Danach war unsere Reisetasche fertig gepackt und wir beide trafen uns das erste Mal am Fuße des Berges bei wärmstem Sonnenschein. Ich hatte keine blassen Schimmer, was uns beide da erwartet. Mein Herz zersprang fasst vor Freude als ich dich sah: ‚You’re so wild and willing, ‘cause you are the real thing!‘ Endlich hatte ich dich gefunden. Mit diesen Glücksgefühlen im Bauch begannen wir unser Abenteuer. Die anfänglichen Stimmen: ‚Das ist nur die Flitterwochenphase und dann kommt der Alltag!‘ sind längst verstummt.
Natürlich hatte ich am Anfang Angst, dass das alles zu schwierig werden könnte, da ja kaum einer an uns glaubte. Doch vom ersten Moment an wusste ich, dass ich dich nie wieder gehen lassen werde, denn ich vertraue dir. Wir beschreiten Risiken gemeinsam, planen immer wieder neue Routen und begeben uns auch mal auf Irrwege. Wenn wir im eisigkalten uns stürmischen Regen stehen, dann fragst du leise, ob wir doch noch gemeinsam ein weiteres Stück schaffen können: ‚Don’t stop keep moving get on your feet!‘
Wir gehen in unserem Tempo, mal früh morgens, mittags oder spät abends, das ist egal, denn Hauptsache unsere Herzen schlagen im gleichen Takt. Du bist immer da und manchmal nervt das auch, denn wir haben uns keine einfache Tour ausgesucht. Es kostet unendlich viel Geduld, Kraft und Energie. Dafür dürfen wir auch ab und zu durch die lachende Sommersonne tanzen, bis uns dann der erfrischende Wohlfühlregen wieder in eine andere Richtung lenkt. Genau dann sind wir uns besonders nah. ‚Let’s find our rythm and dance to the beat.‘
Jeden Tag zeigst du mir, dass meine neugierigen Fragen an die Welt schon immer Sinn gemacht haben. Immer wieder finden wir Gleichgesinnte, die uns ein Stück begleiten und uns die Zeit vergessen lassen. Oder wir treffen auf Profiwanderer, die uns auch mal einen neuen Pfad verraten. Doch am schönsten ist es, wenn wir anderen auf unserer Reise begegnen, und sie inspirieren uns zu folgen.
Deine Liebe wächst jede Sekunde, sie gibt mir Hoffnung und sie macht mich neugierig auf morgen. Der Tag wird bald kommen an dem wir die Spitze des Berges erreicht haben und uns erschöpft und lachend in den Armen liegen. ‚Just reach out and touch it, it’s ours to achieve. ‘
Und ich weiß schon jetzt, der Blick wird sich schnell auf ein nächstes Abenteuer richten. Denn mit dir kann ich mir alles vorstellen und ich habe doch noch so viele Flausen im Kopf. ‚There is more to reach than just the finish line.’
Wir sind ein fantastisches Team und haben das Beste in diesem Moment verdient. Ich war mir noch nie so sicher – The two of us to the mountains and back!
Danke, dass du bei mir bist.
I love you and happy Valentine’s Day!
Mit Textpassagen aus dem Song: The Real Thing | Client Liaison (Songwriter: Harvey Miller /Dann Hume /Monte Gary Morgan)
Annica
Liebe Dissertation,
manchmal machst Du es mir nicht leicht, sind doch die Gewässer, in denen Du Dich aufhältst, oftmals ziemlich trüb und alles andere als seicht.
Dennoch habe ich es geschafft und mich immer wieder aufgerafft. Ich denke mal, es liegt daran, dass ich Dich doch trotz aller Widrigkeiten ganz gut leiden kann. Da sitze ich nun und überlege mir, was mir eigentlich gefällt an Dir.
Zum einen bist Du ein treuer Begleiter. Du nimmst zu jeder Zeit, ob Tag oder Nacht, meine Gedanken auf und entwickelst gemeinsam mit mir Ideen weiter.
Beim gemeinsamen Recherchieren, Lesen, Schreiben und Überarbeiten lassen sich mit Dir neue, spannende Zusammenhänge entdecken, die immer wieder mein Interesse wecken.
Manchmal kommst Du mir vor wie ein großes Puzzle mit sehr vielen Teilen, aber da Du geduldig bist, muss ich nichts übereilen, auch wenn ich mal hänge oder gefühlt gegen eine Wand renne.
Am meisten freue ich mich aber auf das Gesamtbild am Ende, liefert es doch wichtige Erkenntnisse und damit mehr als eine bloße Zierde für Wände.
Darum mag ich Dich sehr, sei es mal leichter mit Dir oder auch mal schwer.
Deine Julia
Liebe Diss,
schon eine Weile habe ich Dich vernachlässigt und nicht gut behandelt… Zu meiner Verteidigung habe ich eigentlich nur meinen verwirrten Kopf und meine kleinen Kinder, die mich voller Freude immer wieder ablenken 😉
Aber ich werde es ändern, denn so kann es einfach nicht weiter gehen. Unser Plan dieses Jahr fertig zu werden steht und komme was wolle, ich bin fest davon überzeugt, dass wir das zusammen schaffen werden!
Du bist der Grund, warum ich überhaupt noch an der Hochschule arbeite und ich täglich mit Bange nach den neuesten Klimawandelerkenntnissen schaue. Denn die könnten ja einen Teil unserer Arbeit ganz schön aus der Wäsche gucken lassen…
Du bist das Thema, das mich bereits seit meiner Masterarbeit – ach was sag ich – seit meinem Erdkundeunterricht bei Herrn Schnurbusch vor bald fast 20 Jahren gefesselt hat und worüber ich einfach immer mehr wissen möchte.
Ich hoffe ehrlich, dass wir nicht mehr so lange zusammenbleiben und ich nicht warten muss, bis das der Tod und scheidet, auch wenn mir so viel an Dir liegt. Viel mehr freue ich mich auf die Zeit nach deiner Einreichung und Verteidigung!
In Liebe, Charlotte
der Wunsch
die Sehnsucht
nach Wissen
nach mehr
wird endlich gestillt
bin müde, lebe
so viel kraft
#dissliebe
Britta
Viel schreiben und noch mehr lesen hat mich schon immer begeistert und das den ganzen Tag machen zu dürfen würde ich (häufig) gegen nichts eintauschen wollen. Was ich an dem Promotionsprozess schätze, ist die Freiheit sich tief in ein Themengebiet zu versenken und Gedanken dazu über die Zeit entwickeln zu lassen. Die Arbeit an der Diss zwingt mich, immer genauere Fragen zu stellen, um mich (im Kopf und in der Formulierung) immer mehr dem anzunähern, was meinem eigentlichen Wissensdrang entspricht. Gerade am Anfang war ich es nicht gewohnt, dass etwas nicht sofort „verwertbar“ und rund sein muss. Es fühlt sich etwas abenteuerlich an, noch nicht zu wissen, wo ich in ein paar Jahren damit herauskommen werde.
Anna, Raumplanung
Meine geliebte Diss,
heute ist Valentinstag, ein Tag, der die Liebe feiern soll. Zeit also, um auf unsere Beziehung zu blicken.
Alles begann vor einem Jahr, als wir uns zufällig begegneten (Prof., der mich zu einer Promotion ermutigte). Wir waren gezwungen, sehr viel Zeit mit intensiven Arbeitsphasen zu verbringen (Exposè schreiben mit Deadline für 0,5 Promotionsstelle). Ich verstand, dass du mir etwas Großes ermöglichen könntest, und ich liebte dich sehr dafür.
Allerdings war die Beziehung zu dir oft nicht einfach. Häufig war es mehr als hart, deinen Ansprüchen zu genügen. Ich opferte dir viel Zeit. Neben meinem vollen Leben blieben da oft nur die Nächte. Du warst nicht immer wertschätzend. Oft investierte ich, aber es entwickelte sich nicht so schnell, wie ich das wollte. Du raubtest mir Kraft. Ich war verzweifelt und ratlos und hätte unsere Beziehung beinahe aufgegeben, noch bevor sie richtig begann, obwohl ich dich da schon liebte.
Gute Freunde verhinderten das, investierten viel Zeit, um uns zu unterstützen, damit wir wieder einen Weg zueinander finden. Sie schalteten sich in unsere Beziehung ein, gaben mir Tipps und Hinweise, wie ich mit dir umzugehen habe, wenn du mir wieder einmal das Gefühl gabst, dass das mit uns nichts wird. Du bist eine narzisstische Persönlichkeit, dass verstand ich. Ich fühlte mich manchmal so gut mit dir, so frei und mit innerer Zufriedenheit erfüllt und dann gab es wieder Phasen, da gabst du mir das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Diese Erkenntnis war hart und ich ahnte, dass diese Beziehung für immer so turbulent bleiben würde.
Ich musste mich entscheiden – und ich entschied mich für dich. Wir fanden wieder eine tiefe gemeinsame Ebene. Du erfülltest mich, machtest mich glücklich. Etwas Gutes entstand aus uns. Du gabst mir das Gefühl, etwas wirklich Großes vollbracht zu haben, dass all die Arbeit in unsere Beziehung sich lohnte. Als ich im Sommer vor einer bedeutenden Hörerschaft über uns sprach (Forschungsausschuss), über dich sprach, ganz ohne Angst aber mit Begeisterung und Leidenschaft, da wusste ich, dass du und ich zusammengehören. Dann nahm das Schicksal seinen Lauf und wir mussten vorübergehend eine Fernbeziehung führen (Absage der 0,5 Promotionsstelle im Sommer).
Ich dachte oft an dich und fragte mich, ob wir vielleicht einfach nicht füreinander bestimmt waren. Nach dieser Phase der Trennung dann unerwartet ein Wandel. Du kamst zurück und das ganz. Plötzlich die Gewissheit, dass wir uns noch viel enger aneinanderbinden werden (Zusage einer vollen Promotionsstelle), du zogst bei mir ein. Ich war geschockt von dieser Wendung – gleichzeitig voll Freude und auch voller Angst. Kann das mit uns gut gehen? Kann ich die Berg- und Talfahrt mit dir aushalten?
Bin ich gut genug für dich und bist du gut für mich? Aber es ließ sich nicht mehr aufhalten, zu weit hatte ich mich in dir verloren. Du warst alles, was ich wollte. Ich gab einen großen Teil meines Lebens auf, um ganz mit dir zusammen sein zu können (Kündigung Job), das war deine Bedingung und ich wollte es so. Wir freuten uns so sehr auf eine gemeinsame Zukunft und verlobten uns am Ende des Jahres (Arbeitsvertrag). Wenn alles gut geht, werden wir uns im Sommer das Ja-Wort geben, ich werde deinen Namen tragen (Einschreibung Promotionsstudentin – Doktorandin). Darauf freue ich mich so sehr.
Bereits die ersten Wochen des Jahres begannen mit einer emotionalen Achterbahnfahrt – es wird eine emotionale Achterbahnfahrt bleiben – diese Beziehung mit dir. Du kannst zerstörerisch sein, wenn du stur bist, egoistisch und selbstbezogen und du keine Nähe zulässt, du mich auslaugst und ich erschöpft bin von dir. Darauf richte ich mich ein. Dann brauche ich meine Freunde, die mich an unsere guten Zeiten erinnern. Sie werden mich daran erinnern, dass es all das Chaos wert ist – für dich, für mich, für uns zu kämpfen.
Meine Herzens-Hoffnung ist, dass die andere, diese wundervolle und schöpferische Seite dieser Beziehung mit dir überwiegen wird. Nämlich die Zeit, in der du mich an dir und deinem Leben teilhaben lässt, in der wir eng Hand in Hand gehen, wissen, dass wir uns brauchen. Das wir beide unglaubliche Dinge wachsen lassen können, wenn wir zusammenhalten, dass wir ein Stück die Welt verbessern können. Diese Zeit, in der du mich schweben lässt und mir Flügel verleihst, in der ich wachse. Das Schicksal hat uns zusammengeführt, wir fühlen uns tief miteinander verbunden. Ich liebe dich von ganzem Herzen und ich weiß, dir geht es ebenso.
Du und ich – eine Liebe auf Zeit – mit der Erinnerung für die Ewigkeit.
Mit liebendem Herzen,
S.
Liebe Dissertation,
ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll, denn mir gehen so viele Gedanken durch den Kopf.
Wir führen nun schon seit 4 1/2 Jahren eine ziemlich enge und ich muss sagen auch eine wirklich zwiegespaltene Beziehung. Manchmal bringst du mich wirklich zur Weißglut und würde dich am liebsten zum Mond schicken. Du kostest so viel Energie, Tränen und Kraft. Du bringst mich zum Zweifeln, machst mich wütend und lässt mich manchmal meine eigenen Fähigkeiten infrage stellen. Dann aber gibt es Momente, in denen ich einfach nur dankbar bin, dass wir gemeinsam den Weg zur Promotion gehen. Dann überwiegen die tollen Momente, die vielen Orte, die ich durch dich besuchen durfte, wissenschaftliche Diskurse, zu denen du mir Zugang verschafft hast und die vielen tollen Menschen, die ich durch dich kennenlernen durfte. Durch dich habe ich nicht nur das wissenschaftliche Arbeiten lieben gelernt. Du hast mir auch die Liebe meines Lebens geschickt – und damit meine ich nicht nur die Liebe zu dir. Durch dich habe ich meinen Ehemann kennengelernt. Heute führen wir eine glückliche Patchwork-Dissertations-Beziehung, denn auch er brachte eine Dissertation mit in die Ehe. Es ist nicht immer leicht, aber ich möchte keinen Augenblick und keinen Moment missen. Dafür, liebe Dissertation, danke ich dir sehr.
Ich hoffe, dass wir unsere Beziehung mit einem baldigen Abschluss der Arbeit zu einem Höhepunkt bringen können und du immer ein ganz besonderer Teil meines Lebens bleiben wirst.
Ich danke dir für alles.
In Liebe, Deine Carina
Liebe Diss,
nun sitzen wir wieder beide hier, nur du und ich, und eine leise Musik im Hintergrund im Kerzenschein. Draußen hören wir den Regen.
Hast du eigentlich mal unsere Beziehung zueinander dir genauer angeschaut?
Viele sonnige Tage, aber auch viel Sturm, wo das ein oder andere auch mal in die Brüche ging, und damit meine ich nicht nur den Messzylinder im Labor.
Glaubst du an das Schicksal? Hättest du jemals gedacht, dass wir uns mal finden und mal ein Stück zusammen gehen werden? Ich hatte immer die Hoffnung und irgendwie auch immer das Gefühl, dass wir uns nach langen harten Jahren treffen. Aber wer hätte gedacht, dass die Jahre zusammen nicht immer einfach sein würden und wir uns vielleicht auch hier und da aus den Augen verlieren würden.
Das Gefühl der Zusammengehörigkeit und die Verbundenheit war doch immer stärker, egal wie viele Steine uns in den Weg gelegt wurden, wir haben sie aufgehoben, zur Seite geschoben, mal was Schönes draus gebaut oder auch mal den ein oder anderen damit abgeworfen.
Wie gesagt, wir hatten nicht immer schöne und einfache Zeiten, teilweise auch viele dunkle und trostlose Momente.
Doch wir beide wissen, nach Regen kommt auch wieder Sonne. Und auch wir hatten unsere schönen Momente, den ein oder anderen Aha-Moment, das Gefühl etwas Neues geschaffen zu haben, was niemand davor geschafft oder gemacht hat (was das vielleicht sowas wie unser Baby
und kannst du dich noch daran erinnern, wie wir unsere Beziehung und unsere Verbundenheit anderen präsentiert haben und wir beide da, ganz bescheiden standen und dankbar, für die schönen Worte und Glückwünsche waren und sind?
Jeden Tag verliebe ich mich mehr und mehr in dich, warum fragst du? Weil ich heute nicht der Mensch wäre, der ich bin? Wenn ich morgens aufwache, denke ich an dich, im Laufe des Tages sehe ich nur dich und mein letzter Gedanke vor dem Schlafen gehen bist du. Es hört sich an, dass ich von dir besessen bin oder du von mir… Das sind wir aber nicht, wir wissen uns einfach zu schätzen. Viel habe ich von dir gelernt, nicht immer auf den schmerzfreien Weg, hier und da hast du mich auch zum Weinen gebracht. Das ist aber in Ordnung. Ich verzeihe dir, ich verzeihe uns.
Immer hast du mich gepusht, hast gezeigt, dass ich viel mehr kann, wenn ich nicht aufgebe und dranbleibe, wenn ich noch die extra Meile gehe.
Du bist einfach wunderschön wie du bist, mit deinen Narben, mit deiner Geschichte, mit deinen Erfolgen.
Vielleicht bist du bald nicht mehr so präsent wie heute und in den kommenden Wochen, aber das ist in Ordnung, so ist das Leben. Alles ist endlich. Und auch du und ich werden endlich gemeinsam unser Ziel hoffentlich bald erreichen. Getrennte Wege werden wir nie mehr gehen, denn du bist ein Teil in meinem Leben, den ich nicht mehr vergessen kann und vergessen werde. Es war eine sehr schöne, lehrreiche, aber auch harte und anstrengende Zeit mir dir. Danke. Du warst immer da für mich und hast mich heute zu dem gemacht, die ich bin, dafür kann ich dir nicht genug danken.
Wir schauen gemeinsam auf eine Zeit zurück in der wir viel gelacht und geweint haben, in der wir neugierig und frustriert waren, in der wir gesellig waren aber auch unsere Zweisamkeit hatten.
Gespannt schaue ich mit dir in die Zukunft, wer weiß, welche neuen und tollen Möglichkeiten sich ergeben werden, aufgrund unserer Beziehung.
Ich bin stolz auf Dich und möchte Dich einfach der ganzen Welt zeigen.
Diss, wer hätte gedacht, dass ich das jemals sagen würde (zumal ich vor paar Tagen noch von einer Hassliebe gesprochen habe), but I Love You.
Fühle dich umarmt.
Kuss, Nadide
Meine liebe Dissertation,
ich mag dich, auch wenn du mich jeden Tag an die Grenzen meiner Kraft bringst… Denn du willst einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesellschaft leisten. Du willst Frauen eine Stimme geben, in einer Disziplin, in der sie oft nicht gehört werden. Du willst Frauen vor Kriminalisierung schützen und so vieles mehr. Du möchtest die Welt ein wenig menschlicher machen! Und dieser Herausforderung stellst du dich mit meiner Hilfe. Deine Forschung ist gerade aktuell so wichtig und soll unser Miteinander noch etwas mehr auf unsere Ressourcen lenken, anstatt Verbote hervorzuheben. Du schaust dir alle Beteiligten an und versuchst dich vor vorschnellen, moralischen Urteilen zu schützen.
Ich mag dich, weil man dich in so viele Richtungen denken kann, auch wenn gerade das auch deine große Herausforderung darstellt.
Ich mag dich, weil dein langsames Entstehen einen Kraftaufwand für eine gute Sache dokumentiert.
Ich mag dich, denn du lehrst mich so viel über mich selbst: Was es bedeutet an etwas dranzubleiben, nicht aufzugeben, jeden Tag wieder neu zu starten und immer näher zum Ziel zu gelangen. Und der Gedanke an dieses sinnvolle Ziel macht mich immer wieder froh.
Danke für unsere Zeit, Tamara